Die Playboy-Musik-Woche: Von Mördern und Mittelfingern im Mainstream

Green Day-Frontmann Billie Joe Armstrong erhebt den Mittelfinger
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Der eine hat die Skandale so weit es ging hinter sich gelassen, der andere kann nicht ohne Provokation. Und die dritte Band im Bunde kann über diese verrückten Zeiten nur verwundert den Kopf schütteln. Was uns musikalisch und popkulturell diese Woche bewegt.

1. Der Musik-Aufreger der Woche: Kanye West provoziert erneut mit geschmacklosem Auftritt 

Viel ist über ihn berichtet worden und sicherlich ist er neben Ex-US-Präsident Trump und Multimilliardär Elon Musk die schillerndste und zugleich fragwürdigste Figur unsere Zeit. Kanye West sorgte für Heiterkeit und Unglauben durch seltsame Auftritte, gleichzeitig sieht er sich aber nicht nur selbst als musikalisches Genie. Wer mit der Musik von West nichts anfangen kann, hier ein paar Zahlen: Mit Ausnahme seines Debut-Albums „The College Dropout“, das 2004 auf Platz 2 der US-Charts landete, erreichten alle Alben danach die Top-Position in Nordamerika.

Nun ist Musik das eine, rassistisches Auftreten und antisemitische Äußerungen das andere, wofür Kanye West immer wieder für Aufsehen erregt. Nach einer Reihe von antisemitischen Äußerungen sperrten die Plattformen Instagram und Twitter seine Accounts 2022, Adidas kündigte ihm die Zusammenarbeit, die beiden Seiten Abermillionen einbrachte. Im vergangen Dezember überrascht West mit ungewohnt versöhnlichen Tönen und entschuldigte sich via Instagram auf Hebräisch für seine Worte und Taten. Alles gut also? Denkste!

Zwar kündigte Kanye West am Mittwoch sein von Fans heiß erwartetes neues Album „Vultures“ mit einem gruselig-morbide Trailer an und versprach, das neue Album werde in drei Teilen ab 9. Februar veröffentlicht. Nach der jüngsten Provokation fällt es einem aber noch schwerer, ihn als Künstler ernst zu nehmen. Was war passiert?

Diese Woche inszenierte sich der Skandal-Rapper erneut mindestens fragwürdig. Auf einem Instagram-Foto, das Rapkollege JPEGmafia zusammen mit West postete, ist dieser mit einem Band-Shirt des norgwegischen Black-Matel-Projekt Burzum zu sehen. Hinter Burzum steckt Varg Vikernes, ein verurteilter Mörder und Anhänger des rechtsextrem ausgelegten Neuheidentums, der in Vergangenheit mit nationalsozialistischen Aussagen negativ auffiel. Wer nach dieser Beschreibung noch nicht genug über die Person Varg Vikernes gehört hat, der sollte sich den verstörenden Wikipedia-Eintrag zur norwegischen Band Mayhem durchlesen. Doch Vorsicht, die Schilderungen sind nichts für zarte Gemüter. Spätestens, wenn „Vulture“ veröffentlicht ist, wird die Debatte um die Trennung zwischen Werk und Autor in eine nächste Runde gehen.

Kann man nach all den Entgleisungen noch Kanye Wests Musik hören? Oder sollte man seine Zeit lieber anderen Musikerinnen und Künstlern widmen?

2. Die Musik-Frage der Woche: Werden die Libertines bald bürgerlicher Mainstream?

Seine skandalösen Zeiten längst hinter sich gelassen hat Libertines-Frontmann Peter Doherty. Der Brite, der durch seine Musik, gepaart mit nicht enden wollenden Drogenexzessen berühmt-berüchtigt wurde, hat in den vergangenen Jahren ein geradezu bürgerliches Leben eingeschlagen.

Über seine Drogenabstinenz sprach Doherty zuletzt im Mai 2022 im Playboy-Interview. So sorgte der Brite früher für Schlagzeilen und schlecht gelaunte Fans, weil er entweder zu spät oder gar nicht zu seinen Auftritten kam. Für Heiterkeit sorgte hingegen die gestrige Schlagzeile: „The Libertines kommen früh und mit lokaler Band auf die Bühne zum Auftritt im Liverpooler Cavern Club“, titelte der britische NME.

Seinen langen Weg mit und weg von den Drogen zeichnete seine langjährige Freundin und heutige Ehefrau Katia DeVias über die letzten Jahre auf. Die sehenswerte Dokumentation „Stranger in my own skin“ erschien bereits im vergangenen November. Noch frischer ist aber der Song „Shiver“, der als dritte Singleauskopplung der neuen Libertines-Platte „All quiet at the eastern esplanade“ gerade das Licht der Welt erblickte.

Das Album gilt als eines der am heißesten erwarteten des Jahres, markiert es doch die erste Veröffentlichung seit 2015. Nach „Run, Run, Run“ und „Night of the Hunter“ ist „Shiver” wohl einer der bisher poppigsten und radiotauglichste Songs aus der Feder von Peter Doherty und Kompagnon Carl Barât. Werden die freigeistigen Libertines, heute drogen- und skandalfrei nun auch noch mainstreamtauglich? Die endgültige Antwort erhalten wir am 8. März, wenn mit „All Quiet on the Eastern Esplanade“ die nunmehr vierte Libertines-Scheibe in 20 Jahren erscheint.

3. Der musikalische Mittelfinger der Woche: 20 Jahre nach „American Idiot“ erhebt ihn Green Day wieder

Längst im Mainstream angekommen sind hingegen Green Day. Die US-Punk-Rocker hielten mit ihrer Kritik an Gesellschaft und Politik trotzdem nicht hinterm Berg. Mit „American Idiot“ erhoben sie 2004 den musikalischen Zeigefinger gegenüber der Bush-Regierung sowie der tendenziös berichtenden Medien wie Fox News. Dass diese Abneigung ebenso Ex-Präsident Trump gilt, bewiesen Green Day kürzlich bei einem Live-Auftritt, als sie die Songzeile „I'm not part of the redneck agenda“ in „I'm not part of the MAGA agenda“ änderten. Und auch ihr kürzlich erschienenes Album „Saviors“ schlägt politische Töne an.

Bereits im ersten Track „The American Dream is killing me“ stellen sie dem Status Quo der USA kein gutes Zeugnis aus. Doch nicht nur inhaltlich besinne sich Green Day auf ihre erfolgreichsten Zeiten zurück, auch der Sound erinnert an die besten Tage von „Dookie“ (1994) und „American Idiot“. Mitsing-Hymnen wie „Bobby Sox“ gibt es genauso wie klassischen Green-Day-Fun-Punk („1981“, „One Eyed Bastard“). Ein rundes Album, das an die größten Veröffentlichungen der Band anknüpft. Es scheint ganz so, als ob Green Day exakt alle 20 Jahre genau die richtige Platte zur richtigen Zeit veröffentlichen. 

Außerdem auf playboy.de: „No Doubt“-Comeback um Gwen Stefani, ein Kaiser auf musikalischen Abwegen und Kettcar mit politischem Statement – die Musik-Tipps der vergangenen Woche finden Sie hier.


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