Wie ist man ein guter Vater? Ein offener Brief unserer Autorin an ihren Dad

Credit: Playboy Deutschland

Unsere Autorin Lisa Carbonaro hat den vielleicht besten Dad der Welt. Wie er das wurde? Ein offener Brief der Tochter an den Mann, der sie glücklich und stark fürs Leben machte

Lieber Papa,

oft ernte ich seltsame Blicke, wenn ich sage: „Mein Vater und ich sind beste Freunde.“ Klingt ja auch erst mal nach dem männlichen Gegenpart zu jenen Midlife-Crisis-Müttern, die am Wochenende mit der adoleszenten Tochter feiern gehen, so tun, als seien sie noch 19, und sich dabei gehörig lächerlich machen. Aber wenn ich anfange, von Dir zu erzählen, sehe ich in den Gesichtern noch etwas anderes. Nämlich Neid. Denn Du bist ein entspannter Australier, der in seiner Freizeit Surfbretter baut. Der gern gutes Essen kocht und mir noch besseren Wein serviert. Und wenn ich schon im Bett bin, bleibst Du mit meinen Kumpels auch mal bis in die Morgenstunden auf dem Balkon sitzen und diskutierst.

Deine Nummer ist die erste, die ich wähle.

Warum sie Dir gern zuhören, ist mir klar: Du hast zu jeder Lebenslage einen Ratschlag parat, und wenn nicht, dann zumindest eine Anekdote. Ich würde es auch ausnutzen, wenn ich nur ab und zu einen Abend mit Dir hätte.

Zum Glück bin ich aber Deine Tochter und kann Dir deshalb so oft auf die Nerven gehen, wie ich will. Ob gerade eine wichtige Entscheidung ansteht oder mir etwas Aufregendes passiert ist: Deine Nummer ist die erste, die ich wähle. Weil Du für mich, seit ich denken kann, Wegweiser und Berater bist. Weil Du nie müde wirst, mir zuzuhören. Ich kann darauf zählen, dass Du mir stets Deine ehrliche Meinung mitteilst, ohne auch nur einmal „richtig“ oder „falsch“ zu sagen. Denn Du hast schon immer auf meinen Verstand vertraut – selbst als ich ein furchtbar pubertierender Teenager war.

Herz & Seele: Playboy-Autorin Lisa Carbonaro, 26, mit ihrem Vater Roberto, 56, in dessen Heimat Australien. Einst zog er der Liebe wegen nach Deutschland. Sie wuchs in Bad Tölz und Bietigheim-Bissingen auf
Credit: Privat

Ich habe von dir Menschenkenntnis gelernt.

Im Nachhinein finde ich diesen Vertrauensvorschuss eine beachtliche Leistung – wenn man bedenkt, dass ich noch vor etwa zehn Jahren eine einzige dickköpfige Herausforderung war: Ich habe es nicht eingesehen, am Freitagnachmittag noch die Schulbank zu drücken, und mich lieber schon ins Wochenende verabschiedet. Abends ging es dann in den Techno-Schuppen mit meinen Freunden, die immer älter waren als ich. Viele von ihnen hättest Du Dir vermutlich nicht als Umgang für mich gewünscht. Trotzdem hast Du mir nie vorgeschrieben, mit wem und womit ich meine Freizeit verbringen soll.

Stattdessen hast Du mir Deine ehrliche Einschätzung gegeben: Wenn Dir jemand unsympathisch war oder nicht ganz echt vorkam, hast Du mir das unmissverständlich klargemacht. So habe ich von Dir auch Menschenkenntnis gelernt. In fast allen Fällen hattest Du nämlich Recht. Trotzdem hast Du mich das immer selbst herausfinden lassen, wofür ich sehr dankbar bin. Ab und zu habe ich mir durch diesen liberalen Erziehungsstil zwar die Finger verbrannt, aber jeder Fehltritt hat mich eine wichtige Lektion gelehrt – und zu der selbstsicheren Frau gemacht, die ich heute bin.

Sollte ich eines Tages Mutter werden, will ich mir Dich und Deine Erziehung zum Vorbild nehmen. In der Hoffnung, dass aus meinem Kind mal ein Erwachsener wird, den ich gern als besten Freund hätte. Seine Eltern könne man sich nicht aussuchen, heißt es. Aber wenn ich die Möglichkeit hätte – von allen Vätern dieser Welt würde ich mich immer wieder für Dich entscheiden.

 

Dieser Text erschien zuerst in der Sonderausgabe "How to be a Man – Der Playboy Gentlemen-Guide".