Die bebende Legende – Ein Denkmal für den Porsche 917

Credit: All Mauritius

Vor 50 Jahren gewann Porsche erstmals die 24 Stunden von Le Mans – und Steve McQueen drehte den Film dazu: ein
Denkmal für den PORSCHE 917, der alle erzittern ließ.

Sitzt man erst einmal hinter dem Steuer dieses Wagens, fühlt man sich automatisch ein bisschen wie Steve McQueen. Schon beim Aufklappen der Flügeltür des in Türkis- und Orangefarben (im sogenannten Gulf-Anstrich) lackierten Porsche 917 fängt mein Herz nervös an zu pochen. Und als ich dann die Tür hinter mir schließe und sich meine Hände um den Schalthebel und das Lenkrad krallen, weiß ich: So nahe werde ich dem King of Cool nie wieder kommen. „Rennen ist Leben. Alles, was davor oder danach geschieht, ist nur Warten“, schießen mir die berühmten Worte durch den Kopf, die Steve McQueens Charakter im Film „Le Mans“ sagt.

Das 24-Stunden-Rennen von Le Mans gehört zu den prestigeträchtigsten Motorsportveranstaltungen der Welt
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Genau 50 Jahre ist es nun her, seit Porsche mit seinem ersten Gesamtsieg den Wagen vom Typ 917 zur Legende machte – ein Jahr später folgte die Premiere von McQueens Film. Genau genommen war es der 14. Juni 1970, als die Fahrer Hans Hermann und Richard Attwood im rot-weißen Porsche 917 mit der Nummer 23 das 24-Stunden-Rennen von Le Mans für sich entscheiden konnten. Für damalige Verhältnisse eine Sensation, denn bis dato hatte Porsche nicht gerade eine entscheidende Rolle im Rennsport gespielt. Doch mit diesem Gesamtsieg – 18 weitere sollten folgen – läuteten die Zuffenhausener eine neue Ära ein. Der Grund ihres Erfolgs: Der komplett neu entwickelte Rennwagen erreichte mit seinem luftgekühlten 4,5-Liter-12-Zylinder-Mittelmotor eine Leistung von 520 PS, das waren unglaubliche 170 PS mehr, als sein Vorgänger hatte, der Porsche 908. Nicht nur die Konkurrenz, sondern auch viele Fahrer von Porsche selbst hatten Angst vor dieser neuen brachialen Gewalt.

Playboy-Redakteur Michael Brunnbauer erfüllt sich einen lang gehegten Wunsch und setzt sich wie einst Steve McQueen hinters Lenkrad eines Porsche 917
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„Dieser Wagen war ein richtiges Biest und furchtbar zu fahren“, erzählt mir Vic Elford, einer der PorscheWerksfahrer, der ebenfalls im Jahr 1970 in Le Mans mitgefahren ist. „Aber ich liebte ihn, er war so unglaublich schnell, im Schnitt schaffte er 40 km/h mehr als alle anderen Fahrzeuge im Rennen.“ Bereits im Training stellte Elford einen neuen Rundenrekord auf: 3:19 Minuten – bei einer irren Durchschnittsgeschwindigkeit von mehr als 240 km/h. 

Vermutlich hätte er auch das Rennen gegen das andere Porsche-Werksteam gewonnen, wenn nicht der Motor ihn in der 18. Stunde des Rennens im Stich gelassen hätte. Ferdinand Piëch, der spätere Firmenpatriarch und damalige Leiter der Porsche-Entwicklungsabteilung, bezeichnete das Fahrzeug einmal als „das riskanteste Auto meines Lebens“. Um eine Zulassung für Le Mans zu bekommen, musste nämlich eine kostspielige Kleinserie von mindestens 25 Stück hergestellt werden. Der Konstrukteur war übrigens kein anderer als Hans Mezger, der Urvater des vielleicht erfolgreichsten Motors der Welt: des 6-Zylinder-Boxermotors des Porsche 911.

Steve McQueen war so begeistert von Rennfahrer Jo Siffert (l. u.), dass er ihn als Vorbild für seine Rolle im Film wählte. Nur das rote Siegerauto über- zeugte ihn nicht, im Film fuhr er einen 917 in türkisfarbenem Gulf-Anstrich
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In Le Mans startete damals auch ein anderes spektakuläres Fahrzeug: ein mit drei Kameras bestückter Porsche 908, der außer Konkurrenz am Rennen teilnahm und für Steve McQueens Film „Le Mans“ authentisches Material aufnehmen sollte. Später verpflichtete der Hollywood-Star viele der Porsche-Werksfahrer wie Jo Siffert und auch Vic Elford für seine Dreharbeiten. Sie brachten dem Schauspieler nicht nur bei, wie er den extrem schwer zu kontrollierenden Porsche 917 meistern konnte, sondern fuhren auch in vielen Szenen selbst vor der Kamera mit. „Während der Dreharbeiten bewegten wir die Rennwagen beinahe mit derselben Geschwindigkeit wie im Rennen, denn Steve wollte, dass alles so authentisch und real wie möglich aussieht“, erinnert sich Elford. „Auf einigen Geraden fuhren wir daher Geschwindigkeiten von 320 km/h und mehr.“ Auch wenn der Film später an der Kinokasse kein Erfolg war, gilt er heute aufgrund dieser Aufnahmen als Meilenstein in der Geschichte des Rennsport-Genres – und setzte damit sowohl Le Mans als auch dem
Porsche 917 ein Denkmal. 

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Zum 50. Jubiläum zeigt das Porsche-Museum noch bis zum 15. September in der Sonderausstellung „Porsche 917 – Colours of Speed“ zehn 917-Modelle mit zusammen 7490 PS, bis es dann am 19. September 2020 um genau 14.30 Uhr in Le Mans wieder heißt: „Gentlemen, please start your engines.“ Kurz bevor ich selbst aus dem 917 wieder aussteigen muss, darf ich noch einmal den Motor des Zwölfzylinders starten und zum Aufheulen bringen. Yes sir, so hört sich Le Mans an.


Der Autor testete den Wagen auf Einladung des Herstellers.